+ + + im Interview mit der SÜDWEST PRESSE + + + Der Ulmer Daniel Rottmann will für die AfD zurück in den Landtag + + + Im Interview erklärt der 55-Jährige, wo er politisch steht und wie die Positionen der Partei zu seinen christlichen Werten passen + + + Interview mit den SWP-Redakteuren Alexander und Magdi Aboul-Kheir + + + Erschienen am 24. Juni 2025 + + +
Toleranz ist nicht, alles gutzuheißenAls Daniel Rottmann 2013 nach Ulm kam, hatte er mit der Politik abgeschlossen. „Die kleinen Parteien, das bringt alles nichts“, sagte er sich, nach langem Engagement etwa in der Partei Bibeltreuer Christen. Doch als die AfD 2014 ins Europaparlament einzog, füllte er noch am Wahlabend den Mitgliedsantrag aus: „Zu sehen, dass da eine neue konservative Kraft ist, die Erfolg hat, hat mich motiviert“, sagt der 55-Jährige. Von 2016 bis 2021 war er Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Ehingen. Seit 2024 ist er Ulmer Stadtrat und hat nun mit Listenplatz 27 gute Aussichten, in den Landtag zurückzukehren – diesmal für den Wahlkreis Ulm.
Herr Rottmann, was haben Sie aus Ihrer ersten Zeit im Landtag, als es in der AfD hoch herging, mitgenommen?
Das war eine spannende Zeit. In der Fraktion herausfordernd. Im Petitionsausschuss hat es mir Spaß gemacht, die Anliegen der Bürger zu sehen und zu schauen, was man ändern kann. Auch die Arbeit im Innenausschuss, die Rededebatten mit Thomas Strobl.
Wenn Sie drei Gesetze auf den Weg bringen könnten – welche wären das
Auf jeden Fall Unterstützung von Familien. Wenn ein Kind geboren wird, sollten Eltern aus ihren Renteneinzahlungen 10.000 oder 20.000 Euro zurückerstattet kriegen, um als Familie einen Anschub zu haben. Zweitens: Ausgaben für die Klimaideologie stoppen und auf den Prüfstand stellen, um Kommunen, Bürger und Unternehmen zu entlasten. Gesetze erlassen wäre nur das eine, das andere: etwas zurückzunehmen. Da würde ich alle Einschränkungen von Verbrennern zurücknehmen.
Zur Förderung der Familien. Berechnungen im letzten Bundestagswahlkampf haben gezeigt, dass steuerpolitische Ziele der AfD eher höhere Einkommen stärken würden. Wie passt das zu einer „Partei des Volkes“?
Das sehe ich nicht so. Die Frage ist auch, was man rechnet. Wenn man auf Bundesebene die 30 Milliarden Entwicklungshilfe zusammenstreichen würde oder vieles, was für Klimaideologie ausgegeben wird, dann könnte man vieles finanzieren. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind das eine, aber wenn man dafür die Wirtschaft an die Wand fährt, zerstört man die Lebensgrundlagen. Auch würde es Kosten reduzieren, wenn man diejenigen, die ausreisepflichtig sind, wirklich abschiebt.
Sie benützen das Wort Klimaideologie. Es gibt aber wissenschaftlichen Konsens über den menschengemachten Klimawandel.
Umweltschutz ist wichtig, es wurde schon viel erreicht. Aber wenn es um Wissenschaft geht: Viele Länder um uns herum bauen wieder Atomkraftwerke, Deutschland ist die Ausnahme. Wie weit ist das wissenschaftlich gestützt?
Sie haben Theologie studiert, sind Christ, wollen für ein humaneres Deutschland eintreten. Wie passen die AfD-Positionen zu Minderheiten, sei es in Fragen sexueller Identität oder bei Menschen mit Behinderung, zu diesen Werten? Die Lebenshilfe ruft etwa dazu auf, daher nicht AfD zu wählen.
Wenn andere meinen, sich von uns abgrenzen zu müssen, ist das deren Sache. Aber bei uns engagiert man sich beispielsweise für das Lebensrecht Ungeborener.
Aber wie passt das zu Ihrem Menschenbild? Gehört nicht Toleranz zu christlichen Werten?
Toleranz heißt nicht, dass ich alles gutheißen muss. Und ich wundere mich schon über Kirchen, die von Vielfalt und Toleranz reden und uns dann als AfD abstruseste Sachen unterstellen, als wären wir die Leibhaftigen.
So oder so: Ihre Partei hat ein weltanschauliches Spektrum von rechtskonservativ bis zum Höcke-Flügel. Wo stehen Sie?
Ich mag kein Flügeldenken und bin froh, dass wir das in Baden-Württemberg recht gut überwunden haben. Ich komme mit den meisten sehr gut zurecht, nur mit wenigen tue ich mich schwer. Ich sehe mich selbst im konservativ-bürgerlichen Bereich. Der Begriff patriotisch passt ebenso, auch wenn ich ihn wenig verwende. Vielleicht hätte man mich in der CDU der 80er Jahre wiederfinden können – aber der habe ich damals schon nicht über den Weg getraut, trotz inhaltlicher Schnittmengen.
Unter welchen Bedingungen könnten Sie sich eine Koalition mit der CDU vorstellen?
Auch wenn die CDU das regelmäßig bestreitet, haben wir 80 Prozent inhaltliche Übereinstimmung. Wenn die CDU das ernsthaft umsetzen würde, wäre eine Koalition sinnvoll. Aber man sieht bei Friedrich Merz ja schon wieder die gebrochenen Wahlversprechen. Reduzierung der Schulden? Thema Migration? Da müsste die CDU erstmal zur Ehrlichkeit zurückfinden.
Aber Sie könnten sich eine Koalition vorstellen?
Ja, klar.
Sie wollen Ulmer Landtagsabgeordneter werden. Um was konkret für Stadt und Region zu tun?
In vielen Punkten sind wir sehr gut aufgestellt. Wichtig ist, dass es beim Straßenbau und bei den Brücken vorangeht, auch beim Hauptbahnhof. Dann die Bildungspolitik, da ist zu viel herumexperimentiert worden. Also die Schulen stützen, auch Sicherheit ist dort ein Thema. Die Lehrer motivieren, die Zustände in manchen Klassen werden immer herausfordernder. Man sollte zu einem dreigliedrigen Schulsystem zurückkehren, weil Einzelne da besser gefördert werden. Es ist absurd, von jedem ein abgeschlossenes Studium zu erwarten, das tut der Gesellschaft nicht gut. Wir brauchen mehr Handwerker und Meister.
Die AfD hat in Baden-Württemberg starke Entwicklungsphasen durchlaufen. Waren Sie mal an einem Punkt aufzuhören?
Nein. Ich war vorher lange bei christlichen Kleinparteien aktiv. Das hat mich später davon abgehalten, in schwierigen Zeiten die AfD-Landtagsfraktion oder gar die Partei zu verlassen – man kann nur etwas erreichen, wenn man drinbleibt.
Die AfD wurde vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft, die Einstufung aber ausgesetzt. Wie finden Sie unsere Verfassung und das Grundgesetz?
Schon als Schüler in den 80er Jahren habe ich mich mit Grundgesetz, politischen Strukturen und Wahlen befasst. Also ganz klar: Ich stehe hinter dem, was die Väter des Grundgesetzes geschrieben haben. Die Menschenrechte darin gründen auch auf christlichen Werten, das föderale System begeistert mich. Manches hat eine Schieflage bekommen, da sollte man mehr zu dem zurück, wie es gedacht war.
Seit zwölf Jahren in Ulm
Daniel Rottmann, 1969 in Lübeck geboren, stammt aus einer freikirchlichen Pastorenfamilie. Er wuchs im Schwarzwald auf, hat Theologie studiert, dann eine Ausbildung als Buchhändler gemacht und 15 Jahre in dem Beruf gearbeitet, meist in Norddeutschland. 2013 kam er nach Ulm. 2014 trat er in die AfD ein, von 2016 bis 2021 war er für die Partei im Landtag.
Er sei mittlerweile in Ulm heimisch geworden: „Ich mag das Wasser, die Blau noch mehr als die Donau. Die Häuser in der Altstadt. Die starke Gastronomie. Den weiten Blick vom Hochsträß.“ In seiner Freizeit liest er gern (aktuell: „Die dunkle Seite der Macht“), schaut Filme und fährt gern weg; zuletzt war er in Thüringen mit den „Christen in der AfD“, deren Mitglied er ist. Daniel Rottmann wohnt in Söflingen und ist ledig.
Mit freundlicher Genehmigung der SÜDWEST PRESSE Foto: Volkmar Könneke, 2025
Link zum Artikel im Original: Interview in der SÜDWEST PRESSE