Die Sonder-Videokonferenz im Rahmen des ChrAfD-Formats "ViKo für Alle" am 18. März 2022 hatte zum Thema:
AfD - Quo vadis?
Was bedeutet eine drohende Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz für uns Christen?
Das Einführungsreferat hielt Joachim Kuhs MdEP, ev. Sprecher der ChrAfD
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Zu diesem Thema wurde bei der 7. "ViKo für Alle" am 04. Februar 2022 das Einführungsreferat aufgezeichnet.
Der Referent war Dr. Pieter Borger von der "Studiengemeinschaft Wort und Wissen".
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Das Einführungsreferat zur 6. themenorientierten Videokonferenz "ViKo für Alle" hielt Joachim Kuhs:
Das EU-Parlament, was ist es, und was ist es nicht?
– Was können wir erwarten? Was haben wir zu erwarten? –
Ein Insiderbericht von Joachim Kuhs MdEP, ev. Sprecher der ChrAfD
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Kommt die dritte Diktatur?
Marianne ist 91 Jahre alt. Was sie derzeit erlebt, erinnert sie stark an vergangene Zeiten. Diese Geschichte hat sie selbst aufgeschrieben.
Ich, Marianne, bin die Seniorin der Familie, geb. 1930, 91 Jahre alt. Was ich derzeit erlebe, erinnert mich stark an die Zeiten, die ich bereits zweimal erlebt habe.
Ich wurde in der Nähe von Stralsund, Mecklenburg-Vorpommern geboren. Meine Großmutter war Jüdin, ich also Vierteljüdin. Meine Mutter war Halbjüdin, aber rot-blond. Germanischer konnte man nicht aussehen. Auch ich war sonnenblond, mit langen Haaren und einem Zopf, der bis zu 1 Meter lang war. Wir lebten auf einem Dorf mit drei Schnapsfabriken, weil das Wasser dort besonders gut war. Mein Vater war bei der Raiffeisenbank in Stralsund beschäftigt.
Ab 1933 änderte sich allmählich unser Leben. Mein Vater verlor seinen Posten bei der Bank, weil er sich nicht von seiner halbjüdischen Frau trennen wollte. Er durfte in einer der Schnapsfabriken arbeiten, die einem Verwandten gehörte. Viele Kinder durften auf einmal nicht mehr mit mir spielen. Wenn ich mit unseren Pfarrerstöchtern spielte und die Kinder eines der Schnapsfabrikanten auch dorthin kamen, dann musste ich nach Hause gehen, weil die Eltern dieser Kinder den Kontakt mit nichtarischen Kindern ablehnten.
In der Schule bekamen wir, meine ältere Schwester und ich, schlechtere Noten, weil wir nichtarisch waren. Wir durften nicht in den BdM, den Bund deutscher Mädchen eintreten, bekamen also auch keine Uniform und kein Halstuch mit Knoten. Später, als wir in Stralsund auf das MädchenLyzeum gingen, durften wir im Zug nach Stralsund nicht mehr mit arischen Kindern zusammensitzen. Wir brauchten ein eigenes Abteil 2. Klasse, das natürlich auch extra von meinen Eltern bezahlt werden musste.
An vielen Ausflügen durften wir nicht teilnehmen. Eine Geschichte ist besonders schizophren. Großadmiral Dönitz, Chef der deutschen Marine, besuchte den Marinestützpunkt Stralsund. Im offenen Wagen, wie Adolf Hitler, fuhr er durch die Stadt, die Straßen gesäumt von jubelnden Zuschauern und einem Großaufgebot der Hitlerjugend in ihren Uniformen. Auf der Hauptstraße durfte ich, das nichtarische Mädchen, ihm einen Aal übergeben. Denn ich hatte keine Angst, etwas zu sagen, und sah so germanisch aus mit meinen blonden Haaren und dem langen Zopf wie kein anderes Mädchen in der Schule. Dazu wurde mir die entsprechende BdM-Kleidung gegeben (weiße Bluse, schwarzer Rock, braune Jacke mit Rangabzeichen, schwarzes Halstuch mit Knoten).
Nach der Übergabe des Aals musste ich die Insignien des BdM, Halstuch, Knoten, Jacke wieder abgeben. Zu Ehren von Dönitz wurde abends ein Empfang im Theater gegeben. Dort wurde ich wieder als besonders germanisch aussehendes Mädchen gebraucht. Ich erhielt wieder die vollständige BdM-Kleidung, trat auf die Bühne, sagte: „Heil Hitler“ und kündigte mit „Deutschem Gruß“ an: „Der Stralsunder Jungmädchenchor singt jetzt …“. Es waren insgesamt 3 Lieder, die ich so ankündigte. Nach der Veranstaltung wurden mir alle Kleidungsstücke wieder abgenommen, denn die waren den arischen Mädchen vorbehalten.
Bei uns zu Hause wurden mehrfach Razzien durch die Gestapo durchgeführt. Aber mein Vater erhielt rechtzeitig vorher einen diskreten Hinweis, sodass die Familie bei den Razzien nie zu Hause war. Ich bin sogar zweimal im Alter von 13/14 Jahren mit meinem 7-jährigen Bruder von Stralsund aus nach Görlitz gefahren, weil dort unsere Großmutter väterlicherseits lebte. Die andere Großmutter war bereits mit 32 Jahren an Krebs verstorben.
Weihnachten 1944 ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Meine Mutter bat meinen Vater unter Tränen, er möge sie erschießen, damit der ganze Terror endlich ein Ende habe. Damals habe ich meinen Vater das erste Mal weinen sehen. Am nächsten Tag wurde er von der Gestapo abgeholt. Es waren wirklich „herzzerreissende“ Momente. Später musste mein Vater auch ins KZ, weil er sich nicht scheiden lassen wollte. So lebten wir mit großen Sorgen und waren erleichtert, als der Krieg zu Ende war und die Russen einzogen.
Leben in der DDR-Diktatur
Danach begann der zweite Teil meiner Geschichte, das Leben in der DDR-Diktatur. Mein Vater war immer offen, ehrlich und standhaft. Deswegen kam er schnell mit den SED-Bonzen in Konflikt. Er war mehrfach in DDR-Gefängnissen, weil man ihm Sabotage u.ä. vorwarf.
Ich selbst habe immer das gesagt, was ich für richtig hielt. So habe ich mich mit meiner Kritik am System selten zurückgehalten. Das Abitur konnte ich nur ablegen, weil ich kurzfristig in die FDJ (Freie Deutsche Jugend) eingetreten war. Kurz nach dem Abitur trat ich aus der FDJ wieder aus. Ich begann eine Lehrer-Ausbildung, bei der ich einem älteren, sehr freundlichen und hilfsbereiten Kollegen meine Meinung über die politischen Verhältnisse anvertraute. Leider war es ein „IM“, ein informeller Mitarbeiter. Der gab diese Information gleich an die „Stasi“ weiter.
Ich ging eines Nachmittags durch Stralsund, als mir eine Bekannte begegnete und sagte: “Was, Du bist noch da? Du wirst doch schon gesucht.“ Ich ging schnell nach Hause (wir wohnten nach Kriegsende in Stralsund) und sah vor unserem Haus zwei völlig „unauffällige“ Männer hin und hergehen. Von einer Freundin aus rief ich meine Eltern an. Mein Vater besorgte mir noch in der gleichen Nacht eine Fluchtmöglichkeit nach Berlin in einem Lastwagen, mit dem Autoreifen aus Westberlin geschmuggelt wurden.
Es war beängstigend, aber ich kam unbehelligt in Ostberlin an und fuhr mit der U-Bahn nach Westberlin. Dort konnte ich mich beim Flüchtlingsbüro melden und erhielt später auch die Anerkennung als politischer Flüchtling. So endete meine Zeit in der zweiten Diktatur, der DDR.
Die dritte Diktatur
Jetzt erlebe ich den Eintritt in die dritte Diktatur. Es begann mit dem Gesetz der epidemischen Notlage. Dieses Gesetz ähnelt dem Ermächtigungsgesetz der Hitlerzeit. Das Parlament wird ausgehebelt und unter dem Aspekt der „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“ wurde eine Art Notstands-Regime begonnen.
Auch 1933 waren nicht gleich alle antijüdischen Maßnahmen verabschiedet worden. Die kamen erst nach und nach und wurden mit der Zeit immer schärfer. Deswegen hielten viele Juden das Ausreisen für unnötig, bis es zu spät war und sie ab 1941 fast alle „ins Gas“ geschickt wurden. Jetzt fängt es genauso an wie in den Dreißiger Jahren. Es wird Maskenzwang ausgeübt, obwohl durch eine Vielzahl von Studien seit 1974, also lange vor der Corona-Zeit, nachgewiesen wurde, dass diese Masken, auch die Op-Masken, mehr schaden als nützen. Für Logik sind unsere Entscheidungseliten nicht zugänglich.
Früher wurde ich als Vierteljüdin nicht bedient. Heute werde ich ohne Maske nicht mehr bedient oder darf das Geschäft erst gar nicht betreten. Dann wird die Impfung propagiert, sodass sich viele aufgrund des sozialen und beruflichen Drucks impfen lassen, obwohl sie es nicht gern und freiwillig tun. Sie erhoffen dadurch, dass sie am gesellschaftlichen Leben wieder teilnehmen können. Sie sind nicht überzeugt, sondern nur zu schwach, um sich gegen den Impf-Druck zu wehren. Nach und nach werden 2G und 1G eingeführt. Ungeimpfte werden ausgegrenzt und Grundrechte, die nicht umsonst Grundrechte heißen und die wir mit Geburt besitzen, werden von den Regierenden zu Privilegien für Geimpfte umgewandelt.
Unsere Politikerelite dreht die sog. Erkrankungs- und Todeszahlen genauso wie sie wollen. Vor allem Karl Lauterbach, SPD, tut sich darin besonders auffallend hervor. Was ist mit dem Schwindel mit den Corona-Toten, mit den Intensivbetten, mit der „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“, die immer weiter verlängert wird? Eine sachliche Diskussion wird abgelehnt, ein kritisches Papier aus dem Innenministerium, das die Schäden dieser Politik sehr frühzeitig aufzeigte (April 2020) wird als Privatmeinung abgetan und der Beamte, der diese Stellungnahme als Leiter der Katastrophenvorsorge entworfen hatte, in den vorzeitigen Ruhestand geschickt.
Kritiker der politischen und gesundheitsbezogenen Maßnahmen werden diffamiert, unter Druck gesetzt, durch Razzien eingeschüchtert und zusätzlich über die lokale Presse in ein „Nazi-Milieu“ gerückt. Wie in den dreißiger Jahren wird diffamiert, denunziert, das Justizsystem weitgehend gleichgeschaltet (nicht angepasste Richter werden unter Druck gesetzt). Den Kindern wird eingeredet, dass sie durch eine Corona-Infektion ihre Großeltern töten könnten. Es wird ihnen Maskenzwang in den Schulen und auf dem Schulhof verordnet, obwohl die Zahl der an Covid 19 schwer erkrankten Kinder extrem gering ist. Kinder gelten heute ab Geburt nicht mehr als gesund, sondern als Gefährder ihrer Mitmenschen.
Seelische Schäden
Mir wird schwindlig, wenn ich an 1945 denke mit den Millionen Toten, den Zerstörungen, den unglaublichen seelischen Schäden, auch in späteren Generationen. Auch heute werden wieder unglaubliche seelische Schäden gesetzt. Die kinderpsychiatrischen Kliniken sind überfüllt. Viele Kinder gehen nicht mehr gern in ihre Schulen, weil sie einem ständigen Masken- und Testzwang ausgesetzt sind. Sie können die Gesichter ihrer Lehrer nicht mehr sehen. Dabei ist besonders für die Kleinen die Mimik ihrer Lehrer ganz wichtig. Wir haben es erlebt, dass 10-jährige nach einem Jahr ohne Schulsport keine 50 m mehr laufen konnten, weil sie Atemnot bekamen. Viele Kinder sind dick geworden in den letzten 1 ½ Jahren. „Home-Schooling“ als Wunderwaffe ist nur begrenzt tauglich.
Es gibt so Vieles, was schlechter geworden ist, ohne dass dafür eine zwingende Notwendigkeit bestanden hätte. Viele Ärzte, die offiziellen Medien, die Kirchen, die Regierung und viele andere fordern die totale Impfpflicht, natürlich „auf freiwilliger Basis“. Die „Ungeimpften“ sind angeblich rücksichtslos, infektiös und nicht mehr gesellschaftskonform. Sie sollen ausgegrenzt und in ihren Aktivitäten beschnitten werden. Sie stellen auf einmal eine Gefahr für die „Geimpften“ dar, obwohl die Impfung doch angeblich Schutz vor einer erneuten Erkrankung bieten soll. Es wird auf Seiten der offiziellen Stellen gelogen, dass sich „die Balken biegen“.
Die Spaltung der Gesellschaft in Gute=Geimpfte und Böse=Ungeimpfte ist schon weit fortgeschritten. Es wird von der Elite Hass gesät über die, die sich nicht der Regierungsmeinung anschliessen. Viele Bürger stimmen dem zu und fangen auch mit Hass-Sprüchen gegenüber den „Abweichlern“ an. Die Denunzianten haben zugenommen, gefördert auch von der politischen Elite. Wir haben das hier in Gersfeld am eigenen Leib erlebt. Wenn es so weitergeht, und vieles spricht dafür, dann werden sich Spaltung der Gesellschaft und Hassausbrüche noch erheblich steigern.
Ich erlebe gerade das Gleiche, was ich schon zweimal, im Dritten Reich und in der DDR, erlebt habe. Die Gegner werden mundtot gemacht, evtl. ins Gefängnis (oder später in ein KZ) geschickt, die Braven und die Mitläufer werden belohnt und der ganze Diktaturzirkus beginnt jetzt zum dritten Mal von vorn. Ich habe nie geglaubt, dass ich eine solche Entwicklung noch einmal erleben muss. Aber ein Großteil unserer Bevölkerung, besonders in den westlichen Bundesländern, hat aus der Geschichte von Drittem Reich und DDR sehr wenig gelernt. Es läuft z.Zt. fast alles so ab wie in den Katastrophenjahren. Ich hoffe, dass es nicht so schrecklich enden wird wie 1945. Noch bin ich eine lebende Zeitzeugin. Aber in wenigen Jahren werde ich gestorben und meine Geschichte vergessen sein.
Der Artikel erschien zuerst in der gedruckten Epoch Times Wochenausgabe am 13. November.
Link zum Online-Artikel:
https://www.epochtimes.de/meinung/gastkommentar/kommt-die-dritte-diktatur-a3640055.html
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Die Kirchen machen Politik – ist das wünschenswert?
Die Kirchen in Deutschland wollen nicht länger Gegenmacht sein, sie wollen teilhaben an der Macht. Sie wollen Partei nehmen, Klima retten, Faschos bekämpfen. Ist das wünschenswert?
Konrad Adam 02.11.2021, 05.30 Uhr
Eine von der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland in Auftrag gegebene Studie prognostiziert, dass sich die Zahl der Kirchenmitglieder in den beiden Konfessionen bis 2060 halbieren wird.
Östlicher und protestantischer werde das wiedervereinigte Deutschland aussehen, hatte Lothar de Maizière, der letzte Ministerpräsident der DDR, vorausgesagt. Daraus ist nichts geworden. Östlicher, das lässt sich nicht bestreiten; protestantischer aber gewiss nicht. In Sachsen und Thüringen, Stammlanden der Reformation, sind die Kirchen genauso schlecht, wahrscheinlich noch schlechter besucht als im Westen. Als «Kirche im Sozialismus» hatten sich die Protestanten bei den Machthabern angebiedert, wodurch sie für die einen überflüssig, für die anderen, denen es ernst war mit ihrem Bekenntnis, unglaubwürdig wurden.
Die Wendezeit, in der die Kirchen noch einmal Zulauf gefunden hatten, ist längst vorbei, der Zulauf auch. Er galt den Räumlichkeiten, die Sicherheit vor Erich Mielkes allgegenwärtiger Stasi versprachen, nicht der Botschaft, die dort verkündigt wurde. Inzwischen wird der Magdeburger Dom, der grösste Kirchenbau im Lande, von den Touristen weitaus stärker frequentiert als von Gottesdienstbesuchern. In der Not gehen die Leute in die Kirche, hatte der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering einmal gesagt; aber die Not scheint vorbei zu sein, und das bekommt der Kirche schlecht.
Beitrag zum allgemeinen Wohl
Die grossen Kirchenlehrer sind nie müde geworden, die geistliche von der weltlichen Macht zu unterscheiden und ihre Ansprüche zu begründen. Sie konnten sich auf die Geschichte vom Zinsgroschen berufen, in der Jesus von Nazareth die Gläubigen ermahnt, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, und Gott zu geben, was Gottes ist.
Dass die Kirche nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hatte, zu politischen Fragen Stellung zu nehmen, blieb davon völlig unberührt. Sonntag für Sonntag hat sie die Menschen daran erinnert, was sich gehört und was sich nicht gehört, und damit einen Beitrag zum allgemeinen Wohl geleistet. Inzwischen gibt sie sich damit jedoch nicht mehr zufrieden. Sie will Politik machen, Partei nehmen, Grenzen sprengen, Klima retten, Faschos bekämpfen, Freunden helfen, Feinden schaden und was dergleichen Ziele mehr sind. Und tut das ja auch, die evangelische, von jeher offen für nationale, sozialistische oder nationalsozialistische Sonderwege, noch hemmungsloser als die katholische.
Die Kirche will nicht länger Gegenmacht sein, sie will teilhaben an der Macht. Deswegen spricht sie nach, was die Politiker ihr vorgesprochen haben, nur etwas salbungsvoller. Wenn dem Staat Spenderorgane fehlen, ist sie mit einem Aufruf genauso pünktlich zur Stelle wie dann, wenn die Regierung Druck machen will auf sogenannte Impfmuffel; das Impfen, das Spenden wird dann zur zeitgerechten Form von Nächstenliebe.
Genauso wie die Obrigkeit meint auch die Kirche, dass sich das Leben im Überleben, im Jahre-Sammeln erschöpft. Sie ist nicht von jener, sondern von dieser Welt und erwartet, dass die Leute tun, was ihnen gesagt wird.
Die Bewohner von Samos, Lesbos oder Kos, deren Familien das Land kultiviert hatten, die ihre Inseln lieben, als ihre Heimat betrachten und in ihren vertrauten Formen erhalten wollen, besitzen nicht nur gleiche, sondern durch Herkommen erworbene, also bessere Rechte als Migranten. Dies halten Bischöfe und Ratsvorsitzende genauso wie Aussenminister und Kommissare mittlerweile für einen verwerflichen Gedanken. Sie singen mit im Chor der Menschenrechtsaktivisten, die den einen das Menschenrecht dadurch erkämpfen wollen, dass sie es den anderen bestreiten, und sehen in jedem, der für die bedauernswerten Inselbewohner ein gutes Wort einlegt, einen Rassisten, Faschisten, Nazi und so weiter.
Als in einer pfälzischen Kleinstadt ein Schutzbefohlener aus Afghanistan seine deutsche Freundin vor aller Augen niedergestochen hatte, war die Empörung gross. Es gab Demonstrationen, die schliesslich auch den Landesbischof auf den Plan riefen. Öffentlich warnte er die Protestanten davor, sich zur Unmenschlichkeit hinreissen zu lassen. Gemeint war damit aber nicht der Messerstecher, gemeint waren diejenigen, die gegen die Mordtat aufbegehrten.
Exodus der Christen
Wie die bekannten NGO wollen die Kirchen nur noch eins, sie wollen retten, besser gesagt: retten lassen, denn auch sie pflegen die Flüchtlinge, die sie auf hoher See aufgefischt haben, so schnell wie möglich an irgendwelche staatliche Instanzen weiterzureichen. Im Grunde will sie niemand haben, auch die Kirchen nicht. Die wollen retten, was in ihrem Jargon so viel heisst wie: acht Milliarden Menschen möglichst gleichmässig über den ganzen Erdball zu verteilen. Gewohnheiten und Befangenheiten, Überzeugungen und angestammte Rechte dürfen da keine Rolle mehr spielen, kulturelle Unterschiede schon gar nicht, weil alle Kulturen, wie uns die Universalisten versichern, gleich sind.
Die meisten Christen glauben das aber nicht. Deswegen fliehen sie in Scharen aus einem Verein, der ihr Vertrauen und ihr Geld dazu benutzt, Propaganda für diese oder jene Partei zu machen. Kernländer des Katholizismus, der Reformation und der Orthodoxie wie Polen, Ungarn oder Griechenland lassen die Kirche Kirche sein und wählen Regierungen ins Amt, die eine restriktive Migrationspolitik verfolgen. Selbst die traditionell einwanderungsfreundlichen Amerikaner haben begriffen, dass Grenzen nicht nur markiert, sondern auch geschützt werden müssen, und schicken Migranten, die sich gewaltsam Zutritt verschaffen wollen, wieder zurück. Die Italiener, die Engländer und die Dänen machen es auch so, sie gehen ihren eigenen Weg, ohne auf ein Hirtenwort aus Rom oder ein Sendschreiben aus Hannover, dem Sitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), zu warten. Eine Organisation, die ihren Mitgliedern zumutet, Heimat und Herkunft zu verleugnen und selbst bekennenden Terroristen mit Liebe und Gebet zu begegnen, hat als kulturelle Grossmacht ausgespielt.
Systemrelevante Kräfte
Aber der Überbau macht weiter. Solange das Geld reicht, muss er auf den Unterbau, auf Mitglieder und Gemeinden, ja auch keine Rücksicht nehmen; und das Geld reicht allemal, zumal in Deutschland. Mit ihrem riesigen Grundbesitz und Jahreseinnahmen von sechs Milliarden Euro gehören die beiden Grosskirchen zu den systemrelevanten Kräften; das wissen sie und benehmen sich danach.
Als Arbeitgeber, die in ihren Filialbetrieben, der Caritas und dem Diakonischen Werk, Hunderttausende von Mitarbeitern beschäftigen, haben die beiden grossen Landeskirchen Sitz und Stimme in den Gremien der Macht. Ihre leitenden Angestellten geniessen die Vorteile des öffentlichen Dienstes, werden wie Beamte bezahlt und pensioniert, nicht bloss verrentet. Sie sitzen am Tisch der Mächtigen, empfangen sie auf ihren Kirchentagen, sind auf den Parteitagen präsent und fühlen sich dort genauso wohl wie auf der Kanzel.
Ihre Rechnung ist simpel: Die Leute, sagen sie, wollen sich amüsieren, deshalb besuchen sie Partymeilen und begeistern sich fürs Public Viewing. Da kann die Kirche mithalten, schliesslich verwaltet sie das Evangelium, die Frohe Botschaft, und die kann gar nicht froh genug klingen. Sie tut also gut daran, die Gedanken an Alter, Krankheit und Tod zu verscheuchen, die Erinnerung an das blutige Geschehen auf Golgatha erst recht. Eine der Stimmungskanonen, die auf den kirchlichen Events den Ton angeben, hat das auf ihre Art getan, als sie den Karfreitag zum «Friday for future», zum wahren «Friday for future» ausrief. Jetzt darf man auch an diesem Freitag tanzen, vielleicht sogar mit Billigung der Kirche. Und das ist doch ein Fortschritt.
Hinein ins pralle Leben
Das Dilemma des reichen Jünglings, dem es so schwerfiel, sich zwischen der Liebe zu seinen Gütern und der zu seinem Herrn zu entscheiden, macht dieser Kirche längst nicht mehr zu schaffen. Ihre Führungskräfte haben die Aufgabe gelöst – sie dienen beiden. Wenn sie mit ihrem Hofstaat unterwegs sind und ihre Besitztümer mustern, sind sie nicht traurig wie der Jüngling, sondern fröhlich wie Heinrich Bedford-Strohm, der erste Mann der EKD. Er will die Gläubigen nicht mehr in irgendwelche spirituellen Traumwelten entführen, sondern mitten hinein ins pralle Leben. Er setzt aufs digitale Abendmahl, fragt sich, ob Computer segnen können, und überlegt, ob sich Maschinen taufen lassen. Er ist von dieser Welt und hat den Zeitgeist im Rücken. Aber braucht man dazu eine Kirche?
Konrad Adam ist ein deutscher Journalist und Publizist.
Link zum Originalartikel:
https://www.nzz.ch/meinung/die-kirchen-in-deutschland-machen-politik-brauchen-wir-solche-kirchen-ld.1651243
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